Warum viele Haustiere den Tierarztbesuch fürchten
Für viele Haustiere ist der Besuch beim Tierarzt mit Stress, Angst oder sogar Panik verbunden. Dies ist verständlich, denn aus Sicht Ihres Tieres passieren während eines Tierarztbesuchs viele beunruhigende Dinge: fremde Umgebung, ungewohnte Gerüche, andere möglicherweise ängstliche Tiere, Untersuchungen und manchmal schmerzhafte Prozeduren.
Diese negativen Erfahrungen können dazu führen, dass Ihr Haustier schon bei der Fahrt zur Praxis oder beim Betreten des Wartezimmers Stresssymptome zeigt. Für Sie als Tierhalter kann dies ebenfalls belastend sein und sogar dazu führen, dass notwendige Tierarztbesuche aufgeschoben werden.
Die gute Nachricht ist jedoch: Mit der richtigen Vorbereitung und einigen praktischen Tipps können Sie dazu beitragen, dass Tierarztbesuche für Ihr Haustier – und damit auch für Sie – deutlich angenehmer werden.
Anzeichen von Stress bei Haustieren erkennen
Um Ihrem Tier helfen zu können, ist es wichtig, Stresssignale zu erkennen. Diese können je nach Tierart unterschiedlich sein:
Stresssignale bei Hunden:
- Hecheln, auch wenn es nicht warm ist
- Zittern oder Zucken
- Speicheln
- Fixieren oder weitem Ausweichen des Blickkontakts
- Gähnen oder Lecken der Lippen (ohne Hunger)
- Bellen, Winseln oder Jaulen
- Versteifen, Ducken oder hinter Ihnen Verstecken
- Versuchen zu fliehen oder sich zu verstecken
Stresssignale bei Katzen:
- Erstarrung oder Bewegungslosigkeit
- Sich klein machen oder Verstecken
- Geweitete Pupillen
- Zurückgelegte Ohren
- Schnelles Atmen oder Hecheln
- Übermäßiges Putzen oder komplette Verweigerung der Körperpflege
- Vokalisierungen wie Fauchen, Knurren oder anhaltende Laute
- Unsauberkeit (Urinieren oder Koten außerhalb der Katzentoilette)
Vor dem Tierarztbesuch: Die richtige Vorbereitung
Langfristige Gewöhnung an Handling und Transport
Idealerweise beginnen Sie schon früh im Leben Ihres Haustieres mit positiven Assoziationen für Handhabungen, die beim Tierarzt vorkommen:
- Gewöhnen Sie Ihr Tier an Berührungen an verschiedenen Körperstellen (Pfoten, Ohren, Maul)
- Üben Sie das Öffnen des Mauls, Anheben der Lefzen und ähnliche Handhabungen
- Machen Sie die Transportbox zu einem angenehmen Ort (z.B. durch Spielzeug, Leckerbissen oder Futtergaben in der Box)
- Unternehmen Sie kurze Fahrten im Auto, die mit positiven Erlebnissen enden (nicht nur zum Tierarzt)
Expertentipp von Dr. Sarah Schmidt
"Lassen Sie die Transportbox für Katzen ständig als gemütlichen Ruheplatz zugänglich, anstatt sie nur für Tierarztbesuche hervorzuholen. So wird die Box mit positiven Erfahrungen verknüpft und nicht mit Stress und Angst."
Die Transportbox tierfreundlich gestalten
Die richtige Gestaltung der Transportbox kann den Stress erheblich reduzieren:
- Legen Sie vertraute Decken oder Kleidungsstücke mit Ihrem Geruch hinein
- Für Katzen: Sprühen Sie 30 Minuten vor dem Transport Pheromone (z.B. Feliway) in die Box
- Bei Hitze sorgen Sie für ausreichende Belüftung, bei Kälte für Wärme
- Decken Sie die Box teilweise ab, um visuelle Reize zu reduzieren (besonders wichtig für Katzen)
Richtiger Zeitpunkt und Vorbereitung am Tag des Besuchs
Die Planung des Besuchs kann einen großen Unterschied machen:
- Wählen Sie möglichst ruhige Zeiten in der Praxis (fragen Sie nach, wann weniger Betrieb ist)
- Hunde sollten vor dem Besuch Gassi gehen, aber nicht unmittelbar ausgelassen spielen
- Für die meisten Untersuchungen sollte Ihr Tier nüchtern sein (es sei denn, es handelt sich um Jungtiere oder der Tierarzt hat andere Anweisungen gegeben)
- Packen Sie Lieblingsleckerbissen, Spielzeug und eventuell eine eigene Decke ein
Während des Tierarztbesuchs: Entspannte Atmosphäre schaffen
Im Wartezimmer
Das Wartezimmer kann besonders stressig sein, da hier viele fremde Tiere zusammenkommen:
- Halten Sie ausreichend Abstand zu anderen Tieren
- Für Katzen und kleine Nager: Stellen Sie die Transportbox erhöht ab (z.B. auf einen Stuhl), nicht auf den Boden
- Bei längerer Wartezeit: Fragen Sie, ob Sie im Auto warten und angerufen werden können, wenn Sie an der Reihe sind
- Bleiben Sie selbst ruhig – Ihre Nervosität überträgt sich auf Ihr Tier
Während der Untersuchung
Ihre Unterstützung während der Untersuchung ist entscheidend:
- Sprechen Sie mit ruhiger, sanfter Stimme mit Ihrem Tier
- Streicheln Sie es an Stellen, die es beruhigen (oft Kopf oder Brust)
- Helfen Sie bei der Fixierung, wenn der Tierarzt darum bittet
- Belohnen Sie kooperatives Verhalten mit Leckerbissen (wenn erlaubt) oder Lob
Kommunikation mit dem Praxisteam
Informieren Sie das Praxisteam über:
- Bekannte Ängste oder Abneigungen Ihres Tieres
- Vorherige negative Erfahrungen
- Besondere Verhaltensweisen unter Stress
- Beruhigungstechniken, die bei Ihrem Tier gut funktionieren
Ein gutes Tierarztteam wird diese Informationen berücksichtigen und die Untersuchung entsprechend anpassen.
Spezielle Tipps für besonders ängstliche Tiere
Für ängstliche Hunde
- Besuchen Sie die Praxis gelegentlich nur für "Hallo sagen" und positive Erlebnisse (Streicheleinheiten, Leckerbissen)
- Üben Sie das Tragen eines Maulkorbs, falls dieser nötig sein sollte
- Bringen Sie ein besonders wertvolles Spielzeug oder hochwertige Leckerbissen mit, die nur für den Tierarztbesuch reserviert sind
- Lassen Sie Ihren Hund vor dem Tierarztbesuch ausreichend körperlich und geistig auslasten
Für ängstliche Katzen
- Verwenden Sie eine Transportbox mit abnehmbarem Oberteil, damit die Katze während der Untersuchung im vertrauten Bodenteil bleiben kann
- Bedecken Sie die Transportbox mit einem Handtuch, um visuelle Reize zu reduzieren
- Pheromonprodukte (Feliway) können helfen, die Umgebung vertrauter wirken zu lassen
- Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt über die Möglichkeit von Hausbesuchen
Medikamentöse Unterstützung bei extremer Angst
In einigen Fällen kann eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll sein:
- Natürliche Beruhigungsmittel (z.B. auf Baldrian- oder L-Theanin-Basis)
- Verschreibungspflichtige Angstlöser, die vor dem Besuch verabreicht werden
- In extremen Fällen: Sedierung
Die Entscheidung für eine medikamentöse Unterstützung sollte immer in Absprache mit Ihrem Tierarzt getroffen werden und ist vor allem dann zu überlegen, wenn der Stress für das Tier so groß ist, dass notwendige Untersuchungen nicht durchgeführt werden können oder das Tier sich oder andere gefährden könnte.
Nach dem Tierarztbesuch
Auch nach dem Besuch können Sie dazu beitragen, die Erfahrung insgesamt positiver zu gestalten:
- Loben Sie Ihr Tier ausgiebig und belohnen Sie es für seine Tapferkeit
- Geben Sie ihm Zeit, sich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen
- Bei mehreren Haustieren: Zurückkehrende Tiere können von anderen Tieren im Haushalt zunächst fremd wahrgenommen werden (fremde Gerüche). Führen Sie sie langsam wieder zusammen
- Beobachten Sie Ihr Tier nach dem Besuch auf Verhaltensänderungen oder Nebenwirkungen von Behandlungen und melden Sie diese gegebenenfalls dem Tierarzt
Fear Free® und tierfreundliche Praxen
Immer mehr Tierarztpraxen setzen auf das Konzept "Fear Free®" oder ähnliche Ansätze, um Tierarztbesuche stressärmer zu gestalten. Diese Praxen zeichnen sich aus durch:
- Getrennte Wartebereiche für Hunde und Katzen
- Pheromondiffuser und beruhigende Musik
- Rutschfeste Untersuchungstische mit gemütlichen Unterlagen
- Sanfte Handhabungstechniken
- Reichlich Belohnungen und positive Verstärkung
- Anpassung der Untersuchungsreihenfolge an die Bedürfnisse des individuellen Tieres
Fragen Sie uns nach unseren spezifischen Maßnahmen zur Stressreduktion – wir sind bestrebt, den Besuch für Ihr Tier so angenehm wie möglich zu gestalten.
Fazit
Regelmäßige Tierarztbesuche sind essentiell für die Gesundheit Ihres Haustieres. Mit der richtigen Vorbereitung, einfühlsamer Unterstützung während des Besuchs und positiver Verstärkung danach können Sie dazu beitragen, dass diese Besuche für Ihr Tier deutlich weniger stressig werden.
Denken Sie daran: Die Investition in stressfreiere Tierarztbesuche zahlt sich aus – nicht nur in Form einer stärkeren Bindung zu Ihrem Tier, sondern auch durch die Möglichkeit, regelmäßige Gesundheitsvorsorge ohne übermäßige Belastung durchzuführen.
Wir in der Tierarztpraxis Deutschland arbeiten kontinuierlich daran, unsere Abläufe und Räumlichkeiten so tierfreundlich wie möglich zu gestalten. Zögern Sie nicht, uns anzusprechen, wenn Sie Fragen haben oder besondere Unterstützung für Ihr Tier benötigen.