Tierarztpraxis Deutschland

Die Bedeutung der Zahnpflege bei Haustieren

25. August 2023 Dr. Thomas Müller Zahngesundheit
Zahnpflege für Haustiere

Warum Zahnpflege für Haustiere wichtig ist

Zahnprobleme gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen bei Haustieren. Studien zeigen, dass mehr als 80% der Hunde und 70% der Katzen über drei Jahren bereits Anzeichen einer Zahnerkrankung aufweisen. Ohne angemessene Pflege können diese Probleme nicht nur zu Zahnverlust führen, sondern auch ernsthafte gesundheitliche Folgen für den gesamten Körper haben.

Die Mundgesundheit Ihres Haustieres hat direkte Auswirkungen auf sein allgemeines Wohlbefinden und seine Lebensqualität. Gesunde Zähne und Zahnfleisch ermöglichen schmerzfreies Fressen, verhindern unangenehmen Mundgeruch und können sogar die Lebensdauer Ihres Tieres verlängern.

Häufige Zahnprobleme bei Haustieren

Zahnbelag und Zahnstein

Genau wie bei Menschen bildet sich auch bei Haustieren zunächst weicher Zahnbelag (Plaque), der sich ohne regelmäßige Reinigung zu hartem Zahnstein verfestigt. Dieser bietet einen idealen Nährboden für Bakterien und kann nicht mehr durch einfaches Zähneputzen entfernt werden.

Zahnfleischentzündung (Gingivitis)

Die Bakterien im Zahnbelag und Zahnstein reizen das Zahnfleisch und führen zu Entzündungen. Anzeichen einer Gingivitis sind gerötetes, geschwollenes oder blutendes Zahnfleisch. In diesem frühen Stadium ist die Erkrankung noch vollständig reversibel.

Parodontitis

Wird eine Zahnfleischentzündung nicht behandelt, kann sie zu einer Parodontitis fortschreiten. Diese betrifft nicht nur das Zahnfleisch, sondern auch das Zahnhaltegewebe, den Kieferknochen und die Wurzeln. Parodontitis kann zu Zahnlockerung und -verlust führen und ist eine schmerzhafte, oft irreversible Erkrankung.

Zahnfrakturen

Besonders bei Hunden, die gerne auf harten Gegenständen kauen, können Zahnfrakturen auftreten. Diese sind schmerzhaft und können zu Infektionen führen, wenn der Zahnnerv freigelegt wird.

Resorptive Läsionen bei Katzen

Diese schmerzhafte Erkrankung, die vor allem bei Katzen auftritt, führt zur Auflösung der Zahnhartsubstanz. Die genaue Ursache ist nicht vollständig geklärt, aber sie kann zu erheblichen Schmerzen und letztendlich zum Zahnverlust führen.

Warnzeichen für Zahnprobleme

Achten Sie auf diese Anzeichen, die auf Zahnprobleme bei Ihrem Haustier hindeuten können:

  • Schlechter Atem (Halitosis)
  • Übermäßiges Speicheln
  • Rotes oder blutendes Zahnfleisch
  • Schwierigkeiten oder Schmerzen beim Fressen
  • Einseitiges Kauen
  • Gesichtsanschwellungen
  • Verhaltensänderungen wie erhöhte Reizbarkeit
  • Sichtbarer Zahnstein (bräunlich-gelbe Beläge)
  • Lockere oder fehlende Zähne

Über die Mundgesundheit hinaus: Systemische Auswirkungen

Die Bedeutung der Zahngesundheit geht weit über die Mundhöhle hinaus. Bakterien aus entzündetem Zahnfleisch können in den Blutkreislauf gelangen und zu Erkrankungen in anderen Körperteilen führen, unter anderem:

  • Herzerkrankungen: Bakterien aus der Mundhöhle können sich an den Herzklappen ansiedeln und zu Entzündungen führen
  • Nierenerkrankungen: Die chronische Belastung des Immunsystems durch Zahninfektionen kann die Nierenfunktion beeinträchtigen
  • Leberprobleme: Bakterien aus der Mundhöhle können über die Blutbahn in die Leber gelangen und dort Entzündungen verursachen
  • Diabetes: Zahnprobleme können die Kontrolle des Blutzuckerspiegels erschweren

Effektive Zahnpflege für Ihr Haustier

Regelmäßiges Zähneputzen – Der goldene Standard

Das regelmäßige Putzen der Zähne ist die effektivste Methode, um Zahnbelag zu entfernen, bevor er sich zu Zahnstein verhärten kann. Idealerweise sollten die Zähne Ihres Haustieres täglich geputzt werden, mindestens jedoch 2-3 Mal pro Woche.

So gewöhnen Sie Ihr Haustier ans Zähneputzen:

  1. Geduldig starten: Beginnen Sie mit kurzen Sitzungen und belohnen Sie Ihr Tier für seine Kooperation
  2. Die richtigen Materialien: Verwenden Sie speziell für Tiere entwickelte Zahnpasta (keine Zahnpasta für Menschen, da diese Fluorid und Xylitol enthalten kann, die für Tiere giftig sind) und eine weiche Zahnbürste für Haustiere
  3. Richtige Technik: Heben Sie sanft die Lefzen Ihres Tieres an und putzen Sie in kreisenden Bewegungen entlang des Zahnfleischrandes, wo sich der meiste Plaque ansammelt
  4. Positive Verknüpfung: Machen Sie das Zähneputzen zu einer positiven Erfahrung mit viel Lob und eventuell einer kleinen Belohnung danach

Unterstützende Maßnahmen für die Zahngesundheit

Neben dem Zähneputzen gibt es weitere Methoden, die zur Zahngesundheit beitragen können:

  • Zahnpflegendes Futter: Spezielle Diäten mit angepasster Textur und Größe können beim Kauen die Zahnoberfläche mechanisch reinigen
  • Zahnpflegespielzeug und Kauartikel: Diese können helfen, Plaque zu reduzieren, ersetzen aber nicht das Zähneputzen
  • Wasseradditiva: Spezielle Zusätze für das Trinkwasser können die Bildung von Zahnbelag reduzieren
  • Zahnpflegesnacks: Snacks mit zahnpflegenden Eigenschaften können als Ergänzung zur regulären Zahnpflege dienen

Expertentipp von Dr. Thomas Müller

"Achten Sie beim Kauf von Zahnpflegeprodukten auf das Siegel des Veterinary Oral Health Council (VOHC). Dieses garantiert, dass das Produkt wissenschaftlich getestet wurde und tatsächlich zur Reduktion von Plaque oder Zahnstein beiträgt. Nicht alle Produkte, die mit 'zahnpflegend' beworben werden, sind gleichermaßen effektiv."

Professionelle Zahnreinigung

Trotz bester häuslicher Pflege ist eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung (Dentalprophylaxe) beim Tierarzt unerlässlich. Während dieser Prozedur wird unter Narkose:

  • Eine gründliche Untersuchung der Mundhöhle durchgeführt
  • Zahnstein über und unter dem Zahnfleischrand entfernt
  • Die Zahnoberflächen poliert, um neue Plaquebildung zu verzögern
  • Bei Bedarf Röntgenaufnahmen angefertigt, um Probleme unter dem Zahnfleisch zu erkennen
  • Extraktionen oder andere notwendige Behandlungen durchgeführt

Die Häufigkeit professioneller Zahnreinigungen variiert je nach individuellen Faktoren wie Rasse, Alter und bestehenden Zahnproblemen, liegt aber typischerweise zwischen 1-2 Jahren bei Tieren mit guter häuslicher Pflege.

Ist die Narkose wirklich notwendig?

Viele Tierhalter haben Bedenken bezüglich der Narkose bei der Zahnreinigung. Diese ist jedoch unverzichtbar, um:

  • Eine stressfreie und schmerzlose Behandlung für das Tier zu gewährleisten
  • Eine gründliche Reinigung unter dem Zahnfleischrand zu ermöglichen
  • Die Atemwege des Tieres während der Prozedur zu schützen
  • Eine vollständige Untersuchung und gegebenenfalls Röntgenaufnahmen durchzuführen

Moderne Anästhesieverfahren und gründliche Voruntersuchungen minimieren die Risiken der Narkose. Eine unbehandelte Zahnerkrankung stellt in der Regel ein größeres Gesundheitsrisiko dar als die Narkose selbst.

Besondere Überlegungen für verschiedene Tierarten

Hunde

Einige Hunderassen neigen stärker zu Zahnproblemen als andere. Besonders kleine Rassen wie Yorkshire Terrier, Chihuahuas und Zwergpudel sowie brachycephale (kurzköpfige) Rassen wie Möpse und Bulldoggen haben oft Probleme aufgrund von Zahnengestellung und relativer Größe der Zähne im Verhältnis zum Kiefer.

Katzen

Katzen leiden häufig unter resorptiven Läsionen und entwickeln oft früh Zahnprobleme. Da sie Unbehagen gut verbergen können, bleiben Zahnprobleme bei Katzen oft lange unentdeckt. Eine regelmäßige Kontrolle ist daher besonders wichtig.

Kaninchen und Nagetiere

Bei diesen Tieren wachsen die Zähne lebenslang nach. Sie benötigen faserreiche Nahrung wie Heu und Gemüse sowie Nageaktivitäten, um den natürlichen Abrieb der Zähne zu fördern und Zahnüberwuchs zu verhindern.

Fazit

Die Mundgesundheit hat einen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität und allgemeine Gesundheit Ihres Haustieres. Mit regelmäßiger häuslicher Zahnpflege, unterstützenden Maßnahmen und professionellen Zahnreinigungen können Sie dazu beitragen, dass Ihr Tier ein langes, gesundes Leben mit einem schmerzfreien Gebiss führen kann.

Denken Sie daran, dass Prävention leichter und kostengünstiger ist als die Behandlung von fortgeschrittenen Zahnproblemen. Beginnen Sie idealerweise schon im Welpen- oder Kittenalter mit der Zahnpflege, um Ihr Tier daran zu gewöhnen.

Bei Fragen zur Zahngesundheit Ihres Haustieres oder für eine individuell angepasste Zahnpflegeroutine stehen wir Ihnen in unserer Praxis gerne zur Verfügung. Eine regelmäßige Kontrolle der Mundhöhle sollte Teil jeder Routineuntersuchung sein.